Pflichtteilsanspruch: Auskunftspflicht des Erben

Ein Pflichtteilsberechtigter hat einen Zahlungsanspruch gegen den Erben in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es ist somit der Wert des Nachlasses zu ermitteln. Gemeint ist hier vom Gesetz der Netto-Nachlass, das heißt die Summe aller Vermögenswerte abzüglich der Verbindlichkeiten.

Da ein Pflichtteilsberechtigter aber gerade nicht Miterbe ist, erhält er beispielsweise von Banken keinerlei Auskünfte über Konten des Erblassers etc. Er ist somit in der Regel nicht in der Lage, den Wert des Nettonachlasses selbst zu ermitteln. Hierzu ist er auf die Mitwirkung des Erben angewiesen. Da der Erbe eine solche Hilfe aber freiwillig selten geben wird, hat der Gesetzgeber ihn dazu verpflichtet.

§ 2314 BGB enthält diesbezüglich genaue Regelungen:

Der Erbe hat ihm auf Verlangen „über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen.“ Dies bedeutet, dass der Erbe ein vollständiges Nachlassverzeichnis zu erstellen hat. Dieses hat zunächst sämtliche Vermögenswerte zu umfassen. Dies sind unter anderem:

– Bargeld
– Bankkonten (auch Anteile an Gemeinschaftskonten)
– Sparbücher
– Wertpapiere (Aktien, Depots etc.)
– Gesellschaftsbeteiligungen
– (Haus)Grundstücke
– Autos
– Hausrat
– persönliche Gegenstände
– Schmuck
– Münzsammlung, andere Sammlungen etc.
– Kunstgegenstände
– Lebensversicherungen

Ebenso hat das Verzeichnis alle Schulden des Erblassers wie beispielsweise Darlehen aufzuführen. Zu den Schulden gehören auch die so genannten Erbfallschulden, das heißt Beerdigungskosten.

Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben verlangen, dass dieser das Nachlassverzeichnis durch einen Notar erstellen lässt. Die hierfür anfallenden Kosten zählen dann als Nachlassverbindlichkeiten.

Diese Nachlassverzeichnis reicht aber häufig noch nicht aus, um eine konkrete Berechnung des Pflichtteils zu ermöglichen. Befindet sich im Nachlass beispielsweise ein Haus, ist es erforderlich, dessen Wert zu kennen. Maßgeblich ist hierbei der so genannte Verkehrswert. Dies ist der Wert, der bei einem Verkauf auf dem freien Markt zu erzielen wäre.

Ermittelt werden kann der Verkehrswert durch ein Gutachten. Der Pflichtteilsberechtigte hat Anspruch darauf, dass er Erbe ein solches Gutachten einholt. Die Kosten hierfür stellen eine Nachlassverbindlichkeit dar.

Hat der Pflichtteilsberechtigte berechtigte – und nachweisbare – Zweifel bezüglich der Auskunft, so kann er vom Erben verlangen, dass dieser deren Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt versichert. Weigert sich ein Erbe, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, so kann der Pflichtteilsberechtigte auf Auskunft klagen. Ebenso kann er – falls notwendig – auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bzw. auf Zahlung klagen.

Falls Sie hierzu Fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter 0631-20 58940.

Ihr RA Stefan Walter